Der Verlust der analogen Welt – 1G, 2G, 3G, 4G, 5G!

5g Internet Vernetzung In Der Stadt Stadtbild Und ...

Irgendwie scheine ich in einer auf den Kopf gestellten Welt gelandet zu sein. In einem Café werde ich nach 3G gefragt. In der Landesbibliothek kann ich ein Buch nur dann abholen, wenn ich 3G habe, auch wenn es nur zwei Minuten dauert. Bei der Volkshochschule wird ein 3G gefordert, wenn ich einen Kurs besuchen möchte. Die Welt fordert bereits ein 5G oder sogar 1G. Was bedeutet dies? Was machen wir hier?

Züge fahren in viele Richtungen. Die Insassen wechseln.

Als vor 80 Jahren eine Vernichtungsmaschinerie ihr Werk begann, konnte der einfache Mensch auf der Straße dies alles nicht so nachverfolgen, was da geschah. Irgendwann jedoch sah sich jeder einzelne Mensch einer Frage ausgesetzt: Was machst DU jetzt?

Plötzlich sollte die Mutter dem Kind verbieten, dass es in der Schule neben dem anderen Kind sitzt, das das Makel hatte. Plötzlich sollte ein Vater einer Organisation beitreten, sonst verlor er seine Arbeit. Plötzlich sollte eine Großmutter zeigen, wer ihre Großmutter und ihr Großvater war. Plötzlich war die Welt auf den Kopf gestellt und ein jeder Mensch war mittendrin und es wurden Entscheidungen von ihm verlangt. Manches Mal war die Entscheidung nicht offensichtlich, denn es gab ja eine Verordnung, die sagte, was der einzelne Mensch zu tun hatte. Auf die Verordnung konnte sich der Einzelne zurückziehen. Die Verordnung versetzte den Einzelnen in die Lage, sich auf der richtigen und gerechten Seite zu befinden. Nicht selber denken, keine Verantwortung übernehmen, die Verordnung kennt die Antwort. Die Welt stand Kopf und keiner sah es.

Was wäre, wenn wir heute nach so vielen Jahren und drei Generationen, das Wort „jüdisch/nicht jüdisch“ ersetzen durch „digital/nicht digital“? Wenn wir es ersetzen durch „geimpft/nicht geimpft“, durch „liberaler Muslim/Fundamentalist“, durch Israeli/Palästinenser“, durch „Türke/Kurde“, durch „Bürger/Rebell“, durch „evangelisch/katholisch“, durch „Ire/Engländer“, durch „Deutsche/Ausländer“ …?

Diese Liste ist unendlich lang. Doch, die Frage ist: Welche Strukturen ermöglichen derartige bis zu Kriegen führende Situationen in einer Gesellschaft? Wie ist es möglich, dass Menschen sich in derartige Lebenssituationen bringen? Wie kann es zu derartigen Verhaltensmustern kommen?

Wie kann es sein, dass in einem demokratischen Land einem Bürger das Recht auf Bildung durch den Ausschluss aus der Bibliothek verweigert wird, weil er kein 3G hat? Wo ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unseres Grundgesetzes geblieben? Wie ist es möglich, dass sich Menschen einer Gesellschaft, einer Familie, eines Landes, einer Welt vorgeben lassen, wie viele G´s sie brauchen, um an Bildung teilzunehmen, während das Kaufen nicht den G´s unterliegt?

Umsetzung des Berliner Bildungsprogramms und der Kinderrechte

Wie kann es sein, dass sich eine gebildete demokratische Gesellschaft, und ich denke, dass behaupten wir von uns, plötzlich Zwänge ausübt? Wenn DU nicht wenigstens ein G hast, kommst DU hier nicht rein!

Der Ausspruch von Nena, als sie jetzt ihre Konzerttour für 2022 absagte: „Alle Menschen sind mir willkommen“, ist gelebte gebildete Demokratie.

Artikel 3 des Grundgesetzes: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Wenn ein Gesetz beschlossen wird, dass diese Grundlage aufhebt, entsteht ein Dilemma, „einen Fangschluß der Logik, der einen Gegner so zwischen zwei gleich unangenehme Behauptungen stellt, daß er sich für eine entscheiden muß“.

Welche Logik können wir nun anwenden, um den Schaden so gering wie möglich zu halten? Die Antworten der letzten eineinhalb Jahre ist es offensichtlich nicht. Die Relationen wurden deutlich fehlerhaft gesetzt mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen, die noch unübersehbar sind.

Raul Hilberg beantwortet einiger dieser Fragen in seinem Buch „Die Vernichtung der Europäischen Juden“ von 1961, das erst 1982 ins Deutsche übertragen wurde.

Er stellt sich genau diese Fragen. Er sucht menschliche Strukturen, die in das Verhalten von Menschen einfließen, die Menschen voneinander trennen, weil der eine dies ist und der andere das.

Eine seiner Antworten greife ich heraus. Es ist die Tätigkeit eines bürokratischen Apparates. Das Tun von administrativen Maßnahmen. Er schreibt, dass alles mit einem Gesetz beginnt, dem Durchführungsverordnungen folgen, die öffentliche Bekanntmachungen zur Folge haben.

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Auf allen Ebenen inzwischen anzutreffen. Digita macht es möglich.

Dies ist eine Struktur, die in den Ländern besonders Fuß fassen kann, in der eine Verwaltungsebene schon lange Bestand hat. In Deutschland gibt es durch das Preußentum eine derartige gute Verwaltung. D.h. wir können ein Gesetz verabschieden im Bundesrat, das dann in geordneter Struktur seinen Weg bis zum einzelnen Menschen im Land findet. Dabei gibt es schriftliche Richtlinien, die allen zur Verfügung stehen, aber es gibt auch schriftliche Verordnungen, die nicht jeder zu sehen bekommt. Die Verordnung eines Krankenhauses oder einer Schule und deren Instruktion von der Gesundheitsbehörde oder Schulaufsichtsbehörde bekommt der Patient und die Elternschaft in der Regel nicht direkt zu sehen. Zu sehen, bekommt der einzelne Mensch, die Verordnungsvorschrift, die ihm sagt, was er nun zu tun habe.

Auf den ersten Blick scheint dies ein gelungenes Mittel zu sein, Menschen im Frieden zu halten und in diesem jetzigen Fall Gesundheit zu bewahren. In Ländern, wo die administrative Bürokratie nicht so funktioniert, treten viel schneller Störungen im gesellschaftlichen Leben auf. Doch, welche unsichtbare Gefahren lauern hier?

Eine Verwaltung, die die Menschen kontrolliert, bedarf erstens eines wachsenden Verwaltungsapparates

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Berlin Neubau und Erweiterung der Verwaltung

und zweitens bedarf es Mittel, die Kontrolle durchführen zu können. Wenn wir jetzt auf das Geschehen der letzten Monate zurückgreifen, so können wir genau verfolgen, was geschah.

Ein Gesetz- das Infektionsschutzgesetz-wurde verändert als neues Infektionsschutzgesetz in die Gesellschaft gesetzt. Im Rahmen dieses Gesetzes entstanden die entsprechenden Verordnungen, die jeder aktuell nachlesen konnte, ob nun in der Tagespresse oder im Internet. Die Verordnungen wurden von einer Macht, der Polizei, kontrolliert. Die Gesetzgebung verhängte Strafen, die umgesetzt wurden. Als Mittel zur Überprüfung

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Der Müllberg, der hier produziert wird, ist unübertroffen. Wer macht hier Gewinne?

wurden Testverfahren, Impfstoffe und Zahlen wie Inzidenzwerte geschaffen, die es erlauben, die Struktur aufrecht zu erhalten. D.h. eines griff in das andere.

Die Struktur hatte wieder einmal zugepackt und wieder erkennt die Menschheit nicht, was sie tut.

Als Jugendliche habe ich mich immer wieder gefragt, wie war es möglich, dass eine derartige Vernichtung stattfinden konnte. Dieser Vernichtung fielen ja nicht nur „Juden“ zum Opfer, sondern auch politische, religiöse und ethische Gruppen, die sich teils im Widerstand formierten. Die berühmteste Gruppe war die Studentengruppe um die Geschwister Scholl „die weiße Rose“.

Geschwister Scholl. Sie starben mit 22 und 25 Jahren. Sie wurden enthauptet.

Nach Hitlers Machtübernahme 1933 gelang es den Nationalsozialisten mit brutalen Methoden sehr bald, die politischen Gegner in Deutschland „auszuschalten“. Andersdenkende wurden auf verschiedene Weise mundtot gemacht. … Es zeigt, dass einige tausend Menschen nicht nur anständig geblieben waren, sondern auch mutig dem Regime aktiv die Stirn boten. Freilich bildeten sie eine verschwindende Minderheit in der deutschen Bevölkerung. Sofern nicht ohnehin Parteinahme oder mindestens Sympathie für den Nationalsozialismus vorherrschten, bestimmten politische Resignation und Anpassung das Verhältnis der Deutschen zum nationalsozialistischen Regime.“

Als Philosophin denke ich, dass das Wichtigste ist, das, was wir tun können, wenn wir sehen, dass die Verwaltung des Bundeskanzleramtes wachsen soll, dass die Militärausgaben immer noch mehr als die Hälfte größer sind als die Bildungs-und Forschungsausgaben, dass den Menschen Distanz als Sicherheit eingeredet wird und somit der Austausch untereinander sich immer mehr entfernt, dass wir uns die Fragen stellen: Was passiert hier wirklich? Wer nutzt die Situation der Menschheit jetzt in dieser einmaligen Weltsituation aus? Was für einen Nutzen hat dies für wen? Was macht das mit unserem Leben? Welche Konsequenzen tragen unsere Kinder und jungen Erwachsenen? Welche Folgen nehmen wir hin? Was geschieht mit der beschädigten Kulturwelt, mit der aufgehobenen Versammlungsfreiheit, mit dem Ausnahmezustand, mit einem Gesetz, das jederzeit demokratische Grundrechte beschneiden kann, mit den emotionalen, pädagogischen und wirtschaftlichen Auswirkungen? Welche Wissenschaft findet Gehör, welche nicht? Auch dieser Fragekatalog kann unendlich weiterfragen.

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Als buddhistische Philosophin empfinde ich diese Fragen als Ausgangspunkt einer Selbstreflektion. Wie und wo stehe ich ganz persönlich als Mensch in diesem Geschehen? Was mache ich noch mit und wo hört es auf? Als ich am Montag ein Buch aus der Landesbibliothek abholen wollte und mir gesagt wurde, dass ich ein 3G brauche, habe ich die Welt nicht mehr verstanden. Ein Buch ausleihen, dauert 3-5 Minuten, je nachdem, ob ich noch ein paar Worte mit dem Bibliothekar wechsle oder nicht. Ein Aufenthalt im Supermarkt dauert mindestens 10 Minuten und dort sind mit Sicherheit viel mehr Menschen als in der Landesbibliothek, aber dort fragt mich niemand nach 3G. Welche Logik liegt hier zugrunde?

Als ich eine Zusatzvereinbarung von der Volkshochschule als Dozentin bekam, in der ich bestätigen sollte, dass ich die Teilnehmenden auf 3G überprüfe und dafür sogar 2 Euro pro Häkchen erhalte, fand ich mich wieder in dieser Frage: Wo stehst du und wofür stehst du?

Meine Entscheidung klärte sich mit dem weiteren Lesen des Buches von Raul Hilberg und mit der Meditation Zazen, die mir den leeren intuitiven Raum immer wieder neu öffnet, der die Antwort kennt, ohne dass ich darüber nachdenken muss.

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So schrieb ich zurück, dass ich auf keinen Fall eine derartige Vereinbarung unterschreibe und es nicht meine Aufgabe sei, die Entscheidung über den gesundheitlichen Zustand eines Menschen zu hinterfragen. Ich frage ja auch nicht nach Aids, Ebola, Hepatitis oder andere Erkrankungen wie Diabetes, dem jedes Jahr mehr Menschen zum Opfer fallen. Wer ist hier der Gewinner? Wer ist hier der Verlierer? Außerdem ließe ich mich nicht kaufen und für derartige Dienste auch noch bezahlen.

Noch leben wir in einer Demokratie und ich hoffe, dass dies auch noch lange der Fall ist.

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Das sagt alles, oder?

Wenn der Staat die Impflicht nicht für notwendig hält, dann ist in einem demokratischen Staat der Weg offen für ein Ja oder Nein mit der Akzeptanz aller. Wenn jetzt Verwaltung überhaupt in Erwägung zieht, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von Covid ohne Impfung einzustellen oder sich das 3G durch Testverfahren bezahlen lässt, so ist dies ein nicht demokratischer Akt, der hier an dieser Stelle auch offen so benannt wird. Er verletzt das Gleichbehandlungsprinzip massiv. Der Staat räumt uns die Freiwilligkeit ein, weil er weiß um die nicht abgeschlossene Forschung dieser eingesetzten Stoffe, die übrigens keine Impftechnik im gewohnten Maß ist, sondern eine gentechnische Maßnahme.

Mit einer solchen Freiwilligkeit geht auch die Konsequenz einher, keine Menschen mit Sondernmaßnahmen zu strafen, die nicht gerechtfertigt sind. Zu derartigen ungerechtfertigten Maßnahmen gehören auch Androhungen, die Stelle zu verlieren, wenn man sich nicht impfen lässt, wie das Verbot Cafés oder Kulturstätten zu besuchen. Die Welt besteht nicht aus 3G, sondern die Welt mit den mehr als 7 Milliarden Menschen ist eine Vielfalt, eine Buntheit, die weder durch 1G noch 5G begrenzbar ist.

Weltbevölkerung steigt: Neujahr schon 7,2 Mrd. Menschen

Jeder Mensch ist eine analoge vielfältige Welt. Gehen Sie über kleine Seitenwege im Wald und Sie entdecken Ihre Vielfalt im: über umgestürzte Bäume klettern, sich unter Zweigen hinwegducken, in ein Schlammloch treten, dem Gewirr der Insekten zuhören, die kleine Raupe an der Distel sehen, den Geruch frischer Pilze riechen.

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Ganz ohne Überlegen, Denken, Vorstellen setzen ihre Füsse die Schritte, bewegt sich der Körper durch die Hindernisse. Das ist Weisheit. Was hindert uns ihr zu vertrauen?

Dies alles reduzieren zu wollen auf eine digitale überprüfbare Welt löst eine Verkümmerung von Menschlichkeit aus. Der Mensch ist kein Bogen Papier in der Verwaltung, auf dem sein Name steht. Er ist lebendig. Er ist ein Wesen. Jeder, der einmal erlebt hat, wie ein Medizinischer Dienst mit dem zu Überprüfenden spricht und umgeht, weiß, wovon ich hier spreche. Das Grundgesetz der Würde wird hier in massivster Weise verletzt. Jeder Haken, jeder Buchstabe einer Verordnung bedeutet eine Auswirkung auf Menschen und ihr Leben. Wahrhaftig jeder!

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Das ist nicht nur Papier!

Das ist nicht nur Papier. Antworten sind jedoch so reich wie die Menschheit: Es gibt nicht immer nur eine Lösung, sondern der Berg der Alternativen ist unermesslich; sogar verwaltungstechnisch. Am Ende einer jeder Leistung steht ein Mensch, auf beiden Seiten!

Als Zen-Buddhistin sehe ich hier eine verdeckte Gier, eine Blindheit und einen Hass wachsen, der der Menschlichkeit nicht gut tut. Daher bitte ich darum, sich immer wieder der Welt der Fragen zu stellen und diese Fragen auch öffentlich zu formulieren. Das ist gelebte Demokratie. Tun wir es einfach, denn tun wir es nicht, hat die Gier, die Blindheit und der Hass die Chance ungehindert zu wachsen, wo wir doch alle lieber im inneren und äußeren Frieden leben wollen.

Doch der Friede entsteht nicht dort draußen, sondern die analoge Welt eines jeden einzelnen Menschen ist der Ort, der den Frieden reifen lässt und von dort geht er in die Welt und in die Herzen der Menschen.

Der große grönländische Schamane Angaangaq sagt: Schmelzt das Eis in euren Herzen!

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Sehr zu empfehlen.

Vergesst niemals, dass jede Maßnahme, der ihr zustimmt, Auswirkungen hat, nicht nur auf das Andere und den Anderen, sondern auch auf dich selbst.

Seine Mutter sagte zu ihm: „Nur indem wir das Eis in den Herzen des Menschen schmelzen, hat der Mensch die Chance, sich zu ändern und sein Wissen weise anzuwenden.“

Tun wir es einfach!

Aus den Augen verlieren

Man entdeckt keine neuen Weltteile, ohne den Mut zu haben, alle Küsten aus den Augen zu verlieren. - André Gide

In unseren Kindertagen gründen wir Freundschaften. Wenn wir mit dem Leben fließen und älter werden, lösen sich diese Freundschaften oftmals einfach so auf. Der eine macht die Ausbildung und der andere jene. Die Aufenthaltsorte verändern sich und schon haben wir uns aus den Augen verloren. Manchmal geht es auch schleichend. Gestern waren wir noch gute Freunde und dann schwindet der Kontakt, ohne dass großartig etwas geschehen wäre. Der Fluss fließt einfach nicht mehr nebeneinander her, sondern die Flussbahnen trennen sich und fließen in andere Richtungen.

Wir können jedoch noch mehr aus den Augen verlieren. Die Augen stehen für Sichtbarkeit. Sie lassen uns Dinge sehen, auch wenn, wie die Wissenschaft eindeutig belegt, wir nicht wissen, was wir eigentlich sehen. Wenn die Nervenbündel sich zum blinden Fleck, an dem wir nichts sehen, zusammenballen, entsteht sozusagen eine Entleerung des Gesehenen. „Das Faszinierende am Experiment mit dem blinden Fleck ist: Wir sehen nicht, daß wir nicht sehen.“ (Maturana und Varela 1984, S. 23)

Makula (Gelber Fleck)
Der blinde Fleck beginnt mit der Gründung des Sehnervs!

Elektrische Impulse senden Informationen an das Gehirn. Was dann folgt, nennt die Wissenschaft Interpretation. Diese Interpretationen sind abhängig von Erwartungen, Mustern, Vorstellungen, Ansichten, Definitionen, Meinungen, Normen und Vereinbarungen. Außerhalb von diesen Vereinbarungen, andere Interpretationen als gewohnt zuzulassen, Umformungen zu erlauben, ist für uns Menschen äußerst schwierig. „Der Psychologe Jerome Brunner […] machte […] deutlich, daß wir nicht nur etwas Erwartetes leichter wahrnehmen als anderes, sondern auch besondere Schwierigkeiten haben, etwas wahrzunehmen, worauf wir nicht eingestellt sind. “ (Hayward Jeremy 1996, S. 18)

Wir sehen also sozusagen immer das, was wir sehen wollen, wovon wir schon ein Wort haben, eine Erklärung, eine Deutung, eine Beschreibung. „In Wahrheit ist jedoch schon das, was wir die Welt unserer Wahrnehmung nennen, kein Einfaches, von Anfang an selbstverständlich Gegebenes, sondern es »ist« nur, sofern es durch gewisse theoretische Grundakte hindurchgegangen […] ist.“ (Cassirer 2010, S. 36) Wir sehen also durch eine bestimmte Brille. Wer setzt schon eine Brille auf, durch die er nicht sehen kann?

Etwas aus den Augen verlieren, ist im alltäglichen Gebrauch eher negativ belegt, aber hier ist es jetzt zuerst einmal positiv, weil wir tatsächlich jetzt eine andere Brille ausprobieren.

Sherlock Holmes, Detektiv, Lupe, Lupen, Rohr
eine neue Brille

Es besteht einfach die Möglichkeit, dass Felder in unserem spontanen Blind-Sein/Augenverlust wachsen, die in ihrer unermesslich „leeren Fülle“ ein Möglichkeitsspektrum aufzeigen, dass Augen öffnet in einer noch nicht benutzten Art. Diese unbekannten Perspektiven zeigen sich, wenn wir Erwartetes aus den Augen verlieren und stattdessen mit allen Sinnen verändert Sehen lernen.  Schon im Johannesevangelium steht: „Hieraus sprach Jesus: ‚Zu einem Gericht bin ich in diese Welt gekommen, damit die, die nicht sehen, sehend und die Sehenden blind werden.‘“ (Arenhoevel Diego, Deißler Alfons, Vögtle Anton 1965, 108, Joh.Ev.9,39)

Erst, wenn wir die Augen verlieren, können wir von vorne anfangen, lernen anders hinzuschauen, ohne uns in ein einfach Gegebenes zu verlieren.

In dem kleinen wunderschönen Film „Erbsen auf halb sechs“

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wird die Geschichte eines Theater-Choreographen erzählt, der nach einem Autounfall erblindet. Schön ist der Film, weil durch den Verlust der Augen, er langsam, ganz langsam beginnt eine Welt zu sehen, die ihm bisher unbekannt war. Er lernte den Regen sehend fühlen oder den Regen fühlend sehen. Sein Sehen wird zu Sehen ohne Vorgefertigtes. Es wächst ein neues Sehen heran, dass den ganzen Menschen immer mehr mit einbezieht.

Hat in unserer modernen Gesellschaft die Fixierung auf eine sehende Welt nicht so zugenommen, dass wir gar nicht mehr darum wissen, geschweige denn ahnen, wie groß unsere wirkliche Welt ist?

Was hindert uns Menschen die Tore zu öffnen, die wir nicht kennen? Was macht den Menschen Angst, dass sie die Türen verschließen? Sind nicht die Fragen statt Antworten das Öffnen von Türen und Tore? Fragen sind die Zündstoffe der Wissenschaften. Fragen sind die sichtbar gemachten Potenziale von Menschheit. Was wäre eine Welt ohne Fragen?

Fragezeichen, Warum, Frage, Verwechslung, Fragen

Fragen sind die Nährstoffe der Suppe, in der wir alle schwimmen. Eine einzige Antwort, verändert die Suppe. Sie kann genießbar oder ungenießbar werden. Wir entscheiden mit unseren Antworten und den daraus folgenden Handlungen, ob wir die Augen sehend oder blind lassen und somit die Suppe genießbar oder ungenießbar machen. Ein jedes Wesen dieser Welt schwimmt in dieser Suppe und richtet sie mit her. Ein jedes Wesen entscheidet mit, durch und in seinem Tun, Handeln und Entscheiden ganz für sich allein, wie diese Suppe schmeckt. Ist die Suppe Ausnahmezustand die Antwort auf die Frage einer Virusinfektion? Ist die Suppenbeigabe Maske eine Antwort auf die Frage nach einer Ansteckung?

Wenn wir uns trauen, die Augen zu verlieren, können wir neue Welten entdecken. Wir können ein Sehen aufwecken, dass uns zum Beispiel Augen öffnet für Wirklichkeiten, die auch möglich sind.

Möglichkeit, Wegweiser, Option, Viele, Auswahl, Chance
Es gibt nicht nur eine Antwort. Möglichkeit 1,2,3,4,………..

Photovoltaikanlagen auf jedem Haus, betreut von Energiewerken, erhält Arbeitsplätze, schafft Arbeitsplätze, vernichtet keine landwirtschaftlichen Flächen, spart fossile Energien. Artenreichtum bleibt erhalten. Macht und Geldgier wird in menschliche Bahnen gelenkt. Die Suppe wird essbarer für alle Wesen auf dieser Welt.

Forschungsgelder für Bildung, Lebensbedingungen, menschliche globale gegenseitige Kooperation statt für Waffen-und Rüstungsindustrie zu investieren, bedeutet die gewohnten Augen zu verlieren und neue Augen zuzulassen. Statt 2020 für Verteidigung 45, 64 Milliarden Euro auszugeben, wäre eine solche Summe wohl eher geeignet für Bildung und Forschung, deren Budget nicht einmal halb so groß 2020 war mit 20,31 Milliarden Euro.

Was sollten wir schützen müssen, wenn wir keine Angst haben? Das Wort „schützen“ steht in seiner ursprünglichen Bedeutung für „in einen geschlossenen Raum bringen, einfrieden, absondern, verschließen“. Ist das die Antwort auf die Fragen der Welt?

Ein jeder von uns ist am Suppe kochen beteiligt. Wir alle kochen die Suppe, die wir essen. Wir sind drei G oder vier G oder fünf G. G für gesund. G für gesegnet. G für ganz. G für Gast. G für geboren. G für geistig. G für Geradheit. G für geraten. G für Geschöpf. G für gewärtig. G für glücklich. G für groß. G für gut.

Die Vielfalt der G ist größer als drei. Die Vielfalt der Menschheit ist größer als die sinnliche Wahrnehmung es uns vorgaukelt. Lasst uns blind werden und anders sehen lernen. Dann schmeckt die Suppe vielleicht einmal dem größten Teil aller Wesen dieser Erde.

Beim Orakel in Delphi stand einst: Erkenne dich selbst! In diesem Sinne wünsche ich uns allen: Erkenne dich selbst! Sei kein Hindernis für die Menschlichkeit und mache die Suppe genießbar für alle! Tue dies mit tiefer Zuneigung für alle! Fange an die Augen zu verlieren und sehend zu sein!

Neue Wege gehen

Beim erneuten Lesen und Nacharbeiten des Buches von Merlin Sheldrake „Verwobenes Leben“

begegnete ich dem Verwobensein der Organismen. Zwei Anthropologinnen, Wissenschaftlerinnen, die sich mit dem Leben des Menschen beschäftigen, sprechen von einer „Involution – von einem Einbeziehen“.

„Während der gesamten Menschheitsgeschichte war die Partnerschaft mit anderen Organismen sowohl für Menschen als auch für alle anderen Lebewesen von großer Bedeutung. Die Beziehung des Menschen zum Getreide brachte neue Formen der Zivilisation mit sich. Die Beziehungen zu Pferden ermöglichten neue Formen des Transports. Die Beziehungen zu Hefe erlaubten neue Formen der Produktion und Verbreitung von Alkohol. In allen Fällen definierten die Menschen und ihre nicht menschlichen Partner neue Möglichkeiten. […] Die Anthropologinnen Natasha Myers und Carla Hustak […] schlagen […] das Wort ›Involution‹- von ›einbeziehen‹ […] vor. […] Für sie beschreibt der Begriff Involution viel besser das verwobene Schieben und Ziehen von ›Organismen, die ständig neue Wege erfinden, um mit-und nebeneinander zu leben‹.“ (Sheldrake 2020, S. 214)

Wenn wir jetzt unser aller Leben betrachten, gerade jetzt, was geschieht heute hier und jetzt in unserer aller Welt? Ist die Frage des Einbeziehens noch in unserer aller Geist oder existiert nur das Aussondern, Abtrennen, Abschieben, Outsourcen, Verinseln und Wegnehmen?

Derzeit werden Angst-Mauern gezogen zwischen Geimpft und Nicht-Geimpft. Es bestehen Trennwände zwischen Behindert und Nicht-Behindert. Es werden Räume für Sterbende und Lebende geschaffen. Kinder leben auf Inseln, die den Namen Kindergarten, Schule, Betreuung heißen. Eine gelöste Verbindung des verbundenen lebendigen Lebens nach dem Anderen. Wie sehen wir diese Räume? Nehmen wir sie wahr? Was bedeuten sie für eine Gesellschaft, für ein Land, für eine Welt?

Menschen sind unterschiedlich. Menschen können diese unendliche Vielfalt nutzen und sie können sie verdammen. Manchmal habe ich gerade derzeit das Gefühl, dass die Vielfalt der Organismen eher als Hindernis, als Bremse, als Schaden betrachtet wird, die einem lediglich Angst macht, aber sonst keinen Effekt kennt. Was sehen wir jedoch nicht, wenn wir nur zur Angst schauen? Was verbirgt sich hinter jeder einzelnen Angst? Welche Welt, fragte Chomsky, wollen wir? Eine Welt, die in immer kleinere Räume zerteilt wird? Eine Gesellschaft, deren Familienbande sich auflösen, weil Krank-Sein und die Möglichkeit sowohl des eigenen als auch das Sterben eines Liebgewonnen Schmerzen bereiten könnte?

Doch gerade die Vielfalt hat die Menschheit dahin geführt, wo sie heute steht. Gerade die Vielfalt entfaltet Lösungen, Möglichkeiten, die eine Chance sind, Schwierigkeiten zu lösen. Gerade die Vielfalt sorgt für Entwicklung, ermöglicht das Fortbestehen des lebendigen Lebens. Heute las ich im Wochenspiegel von Coburg, dass Edison am 4. September 1882 nach vielen Jahren das erste Stromnetz für einen Bereich in New York schaltete. Das ist eine Antwort der Vielfalt.

Ob wir Tierarten aussterben lassen, Völker ausrotten, Natur und somit Insekten- und Pflanzenwelten zerstören, ist nicht unwichtig oder egal. Ein jedes Wesen steht für Vielfalt, für Kraft, für Energie, für Lebendigkeit, für Welt. Immer nur auf ein Teil zu sehen, immer nur Reduktion zu betreiben ohne die Gesamtheit des Lebendigen im Blick zu haben, es an die erste Stelle des Handelns zu setzen, verlieren wir wertvolle Kräfte, die all unsere Fragen zu Energie, Wasser, Luft, Arbeit, Wohnen, Gemeinschaft leben, jung und alt, sterben und leben, Sprachen und Völker mit beantworten. Unser aller Leben hängt von dem Zusammenleben aller Organismen ab. Kein Steak ohne Heu. Kein Soja ohne anbauenden Hände. Keine Abwasserentsorgung ohne Leitungen. Keine Früchte ohne Wind und Insekt.

Gerade in diesen letzten eineinhalb Jahren konnten wir zusehen, wie sehr die Welt zusammenhängt. Jegliche Trennung löste sich in Luft auf. Diese winzig kleinen Wesen, die der Gruppe Viren zugeordnet werden, kennen keine Grenzen, weder staatliche noch menschliche. Es ist ein lebendiges Leben wollendes Wesen und es sucht sich seinen Lebensraum. Das wir vielleicht wie vor hunderten Jahren wie bei der Pest mit Schuld daran sind, dass diese Situation entstand, scheint fraglich. Denn, was sollten wir daran für eine Schuld tragen? Die Pest wurde doch von Ratten übertragen, aber Ratten gab es, weil die Abwässer auf den Straßen standen. Niemand machte sich Gedanken darum. Niemand schaute hin, dass dies vielleicht doch auch anders gehen könnte. In München ging Max von Pettenkofer neue Wege. Viele Hindernisse hatte er dabei zu überwinden.

Ist es nicht im Angesicht derartiger möglicher Perspektiven mehr als bedenklich, Grenzen dicht zu machen, das Sterben von Millionen von Menschen in Kauf zu nehmen, die nicht an dem Virus erkranken, sondern verhungern, an anderen Krankheiten wie vermehrt an Pocken (Indien) sterben, anstatt neue Wege zu beschreiten? Ist Impfen noch eine Antwort im 21.Jahrhundert? Sind nicht andere Wege denkbar, vorstellbar, erreichbar? Unsere körperliche und psychische Welt hält da eine unendliche Welt parat. Sollten wir nicht hinsehen, ob es nach 200 Hundert Jahren Impfen nicht noch andere Wege gibt?

Leiden der Menschen sind Leiden von Tieren und von Pflanzen. Wir hängen aneinander. Wir sind nicht unabhängig voneinander zu sehen. Ein blühender Baum in China ist genauso wichtig wie das Leben des an Aids- Erkrankten Kindes in Afrika. Sie sind menschliche Welten, deren Himmel und Erde mehr als deutlich Grenzenlosigkeit zeigt. Oder haben Sie schon einmal einen begrenzten himmlischen Kosmos gesehen?

Erst der Zusammenhalt von allen, löst unsere wirklichen Schwierigkeiten. Seltene Erden, Ressourcen wie Wasser und Luft sind keine Verkaufsschlager, sondern sind Leben. Was tun wir, wenn wir sie von uns abtrennen? Erschaffen wir so nicht erst die Möglichkeit darüber zu verfügen? Wäre hier ein Denken und Handeln von neben-und miteinander, würden wir dann nicht andere Wege gehen und Entscheidungen treffen?

Keiner von uns kommt mehr ohne Handy und Computer aus. Doch, dies erfordert Energie. Dies erfordert Material. Dies erfordert ein Speichermedium. Dies sind keine Dinge, die aus dem Himmel fallen. Es sind Dinge unserer aller Welt. Wir leben zusammen. Zerstören wir die Dinge und bauen uns einer Bilderwelt in Computerwelten auf, so scheint dies realistisch, aber es sind und bleiben nur Bilder.

Bilder sind nicht essbar, nicht fühlbar, nicht schmeckhaft, nicht riechbar, nicht hörbar. Das Einzige, was Bilder uns bieten, ist eine Sichtbarkeit. Und bei genauem Hinsehen können wir sogar erkennen, dass diese Bilder nicht einmal einer wirklichen sichtbaren Welt angehören, sondern nur Zahlenfolgen sind, die einer Rechenfolge folgt und somit nicht einmal verändert werden kann. Dieses eine Bild ist dieses eine Bild. Eine Variation spontan aus einem unmittelbaren Erleben existiert hier nicht. Dies würde eine neue Berechnung voraussetzen, die erst geschrieben werden muss.

Spontanität, Impulsivität, Intuition, Direktheit, Unmittelbarkeit, Echtheit erleben, frische Lebendigkeit, ursprüngliche Lebendigkeit verliert an Kraft. Doch genau diese Kraft hat über Jahrmillionen uns alle hervorgebracht. Die Teile-Welt wie bei einer Zoom-Konferenz, in der Oberkörper und Köpfe einander sehen, aber wir keinen Geruch, Geschmack, keinerlei hörbare Körperbewegung uns von dieser anderen menschlichen Welt mehr begegnet, macht unsere Welt so klein wie sie vielleicht noch nicht war, seid wir Menschen unser aller Welt beleben.

Wenn eine Diskriminierung, wenn eine Aussonderung, wenn eine Ausnahme zur Regel wird, was bedeutet dies für unsere Welt? Was passiert mit uns Menschen gerade? Was hindert den Menschen, die freie Entscheidung eines Menschen nicht zu respektieren, zu akzeptieren, zu bejahen? Was hindert den Menschen, eine andere Überzeugung zu vertreten? Menschliche Fragen! Philosophische Fragen! Sichtbar mehr als deutlich jetzt.

Haben wir Menschen wirklich völlig vergessen, dass diese Welt, auch die menschliche Welt mehr ist als Material? Ist MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) die ganze Welt? Wo ist KLIPH (Kunst, Literatur, Philosophie)? Was wäre, wenn KLIPH gleichberechtigt behandelt würde? Was wäre, wenn es KLIPH auch gäbe? Denn vielleicht wissen Sie es nicht, KLIPH kennt keine Schule, kein Ministerium, weil es nicht existiert. Was bedeutet dies für eine menschliche Gesellschaft?

Jeder Mensch weiß um seine Nicht-Materialität, denn wer von uns hat schon jemals seine eigenen Gedanken gesehen? Wer von uns hat sein Gefühl schon gesehen? Wer von uns hat seinen Geschmack, Geruch, Gehör, Schmerz, Freude, Glück, Trauer schon gesehen? Wir kennen nur einen Ausdruck, jedoch kein Bild. Die geistige Aktivität, deren Kraft die Unmittelbarkeit ist, der schnell auftauchende Gedanke, das in Sekundenschnelle Aufleuchten eines Gefühls, das Wahrnehmen eines Geräusches, all dies ist unsichtbare Kraft. Was verlangen wir also von uns Menschen, wenn wir plötzlich, die Entscheidung eines Menschen nicht mehr bejahen, wenn wir seine Entscheidung zwingen wollen, das Gleiche zu tun wie du selbst es tust, was verlangen wir hier?

Es ist das Aufgeben von Vielfalt, von der geistigen Kraft der Freiheit, die sich ausdrückt in Mannigfaltigkeit, in Spektren, in unterschiedlichen Räumen, in vielfältigem Reichtum. Schränken wir uns weiterhin mit Verordnungen ein, schützen wir uns nicht mehr, sondern machen uns kränklich und klein. Dann reicht ein Windstoß und wir fallen um. Kraft und Stärke entsteht durch Vielfalt, durch Verwoben-Sein, wie Sheldrake sagen würde, durch die Bejahung des vollständigen Lebens und nicht nur von Teilen. Zu einem Mit-und Nebeneinander gehört das Kennenlernen wollen dieser anderen Lebensform, das Mitteilen, einfach das Lernen wollen. Neugier. Mut. Selbstständige Fragen und selbstständige Antworten. Nicht Wissen vor Wissen, denn das hält neugierig, das bewahrt vor Vorurteilen.

Wenn wir in der Zazen-Meditation sitzen, erfahren und erleben wir genau dies. Wir sehen die Verwobenheit Atemzug für Atemzug. Ohne Luft von außen keine Luft innen. Ohne Ausatmen von innen nach außen kein Überleben einer einzigen Zelle. Ohne aufrechtes Sitzen kein freier Atemraum. Wir sehen die Vielfalt Moment für Moment. Jeder Atemzug ist anders. Jeder formt sich anders, tut, was gerade notwendig ist. Diese Formung geschieht ganz von allein. Die Lösung liegt im Tun des Atems. Ihn Tun lassen, was zu tun ist. Je mehr wir regeln wollen, je mehr wir steuern wollen, je mehr wir meinen die Richtung vorgeben zu müssen, um so mehr entfernen wir uns von der einfachsten und intuitiv sofortigen richtigen Antwort.

Der eigenen Kraft zu begegnen, ist mit Zergliederung in Teilen nicht möglich, denn die Kraft ist immer schon vollständig. In diesem Sinne lassen sie uns doch einfach einmal neue Wege gehen. Wege, die nach fast 20 jähriger Vereinzelung und Teilung der Menschheit wieder die Gesamtheit im Auge hat. Ist wirklich ein Mensch allein lebensfähig?

Die Gesamtheit der Welt, ein Welt-Bürgertum eines Humboldts :„Wenn wir eine Idee bezeichnen wollen (…), so ist es die Idee der Menschheit, das Bestreben, die Grenzen, welche Vorurteile und einseitige Ansichten aller Art feindselig zwischen die Menschen gestellt, aufzuheben und die gesamte Menschheit ohne Rücksicht auf Religion, Nation und Farbe als einen großen, nahe verbrüderten Stamm, als ein zur Erreichung eines Zweckes, der freien Entwicklung innerer Kraft, bestehendes Ganzes zu behandeln. Es ist dies das letzte, äußere Ziel der Geselligkeit und zugleich die durch seine Natur selbst in ihn gelegte Richtung des Menschen auf unbestimmte Erweiterung seines Daseins“. Eine Bürger-Gesellschaft von Paul Feyerabend. Eine Welt, die nicht nur wirtschaftlich aus Geldinteressen zusammenwächst, sondern eine Welt, die menschlich zusammenwächst. Eine Welt, in der die Menschen sehen und erfahren, dass sie niemals getrennt sind von anderen und dass diese eine Welt unserer aller Welt ist, für die es sich lohnt neue und andere Wege zu gehen. Wege, die die Verantwortung kennen. Wege, die die Akzeptanz und Respektanz des Anderen, egal ob Mensch, Tier, Pflanze als das Höchste einschätzt.

Ich wünsche uns allen einen menschlichen Reichtum, der sich in einem menschlichen Tun übersetzt. Der Philosoph Ortega y Gasset schreibt vom Menschen als utopischen Wesen, dass der Mensch durch das, was er tut, durch sein Verhalten sich erhebt. Aus diesem Grunde solle er immer wach-sam auf sich selbst sein.

Genau dies ist die Übung der Zazen-Praxis, wachsam auf sich selbst sein. Nur so können wir lernen, uns selbst zu erkennen, zu verstehen und je mehr wir von uns selbst erfahren, je mehr erfahren wir das Mensch-Sein und somit Welt-Sein.

Daher bitte ich uns alle als menschliche Wesen: Vergessen wir nicht, dass wir Menschen sind mit der Achtung und Würde mit und neben allem lebendigen Sein!