Der, den wir füttern

„Ein indianischer Großvater sprach mit seinem Enkel über Gewalt und Grausamkeit auf der Welt und die Gründe für ihre Entstehung. Er sagte, es sei, als würden zwei Wölfe in unserem Herzen miteinander kämpfen. Ein Wolf sei rachsüchtig und wütend, der andere verständnisvoll und freundlich. Als der Enkel den Großvater fragt, welcher Wolf den Kampf in unserem Herzen gewinnen würde, antwortete er: Der, den wir füttern.“ (Pema Chdödrön, Den Sprung wagen)

In letzter Zeit habe ich mir Frauenbücher auf den Tisch geholt. Ihr wisst, dass ich eine Leserin und Schreiberin bin. Ja, und eines dieser Frauenbücher machte mich erneut auf Pema Chödrön aufmerksam, die ich vor vielen Jahren sogar in englisch las. Dieses Buch von Michaela Haas beschreibt bedeutende tibetisch buddhistische Frauen. Da darf Pema Chödrön nicht fehlen. Ich möchte euch zitieren, was ich gefunden und entdeckt habe, weil es in der Zeit, in der wir gerade leben, überaus hilfreich ist.

Lasst euch hineinfallen. Gebt eurem Herzen einen Stoß, wagt den Sprung ins Ungewisse, den Pema Chödrön in einem weiteren ihrer Bücher wie folgt beschreibt: „Ich bringe den vorliegenden Führer (Geh an die Orte, die du fürchtest) für die Schulung des mitfühlenden Kriegers dar. Möge er am Anfang, in der Mitte und am Ende hilfreich sein. Möge er uns helfen, auf jene Orte zuzugehen, die wir fürchten. Möge er uns helfen, wenn Angst unser Leben beengt. Möge er unser Leben bereichern und uns helfen, ohne Bedauern zu sterben.“

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Pema Chödrön: „Eines der Kinder stellte eine Frage über Angst. Trungpa Rinpoche antwortete, dass er einmal ein Kloster mit einem aggressiven Wachhund besucht habe. Gerade als seine Gruppe den Hof betreten hatte, riss sich der rasende Hund von der Kette. Alle erstarrten vor Schock, außer Trungpa Rinpoche. Der begann, so schnell er konnte, zu rennen – direkt auf den Hund zu. Der Hund war so überrumpelt, dass er kehrtmachte und mit eingezogenem Schwanz in die entgegengesetzte Richtung lief.“

„Im Wesentlichen ist die Übung immer dieselbe: Statt unseren Kettenreaktionen der Rache und des Selbsthasses zum Opfer zu fallen, lernen wir allmählich, die emotionale Reaktion aufzufangen und das Skript fallenzulassen. Dann erfahren wir die Körperempfindung voll und ganz. Eine Weise, dies zu tun, ist, sie mit dem Einatmen in unser Herz zu nehmen. Indem wie die Emotion zur Kenntnis nehmen, alle Geschichten, die wir uns selbst dazu erzählen, fallenlassen, und die Energie des Augenblicks fühlen, kultivieren wir Mitgefühl mit uns selbst. … Wir können uns vor Augen halten, dass es Millionen von Menschen gibt, die in diesem Augenblick dasselbe fühlen wie wir.“

„Wir glauben, es ginge darum, die Prüfung zu bestehen und das Problem zu überwinden, aber in Wirklichkeit gibt es gar keine Lösung. Die Dinge kommen zusammen und fallen wieder auseinander. Dann kommen sie wieder zusammen und fallen wieder auseinander. So einfach ist es. Die Heilung stellt sich ein, wenn wir allem Geschehen Raum lassen: Raum für Trauer, Raum für Linderung, Raum für Elend, Raum für Freude.“

„In jedem Augenblick, aber vor allem dann, wenn die Dinge ungemütlich werden, „haben wir die Wahl, unserem Gewohnheitsmuster zu folgen, oder wir können uns entscheiden, nicht wieder die gleichen alten Samen zu säen. Genau in diesem Moment können wir uns gewahr werden, dass wir eine Gelegenheit zum Praktizieren haben, statt uns von unseren Gefühlen beherrschen zu lassen, die uns gerade aufgewühlt haben.“

In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir unsere angstbesetzten Gewohnheitsmuster aussteigen, den Menschen wieder uns ganzes Gesicht zeigen, ein wahres Gesicht. In diesem Sinne wünsche ich uns allen, „den Sprung zu wagen“, weil in Wirklichkeit können wir nicht verlieren, weil wir nichts haben. Doch, den Samen, den wir jetzt säen, zeigt seine Blüten oft erst Jahre später. Daher ist es ratsam, sich den Samen anzuschauen, den wir säen.

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